Hospiz- und Palliativarbeit in Zeiten von Covid19: So viel Schutz wie nötig, so viel Begleitung wie möglich

Zahlreiche Akteure, die in Thüringen die Hospiz- und Palliativarbeit mitgestalten, treffen sich regelmäßig am Runden Tisch – Thüringer Hospiz- und Palliativverband und die Landesvertretung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin initiieren den Austausch

Erfurt, 19. Oktober 2020. Wie sieht die Begleitung von sterbenden Menschen und ihren Angehörigen in Zeiten von Covid19 aus? Und was lässt sich aus den Erfah­rungen der vergangenen Monate lernen? Bestandsaufnahme und Lehren für die Zukunft: Beide Aspekte diskutierten die Teilnehmer*innen am Runden Tisch für Hospiz- und Palliativarbeit in Thüringen. Eingeladen hatten zum Austausch der Thüringer Hospiz- und Palliativverband (THPV e.V.) und die Landesvertretung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP).

Die Pandemie, das wurde bei den Treffen im Herbst sehr deutlich, hat die Arbeit aller hierzulande verändert – seien es Ambulante Dienste, stationäre Hospize, am­bulante Palliativteams, Palliativstationen oder Angebote der Trauerbegleitung. 

Besonders deutliche Einschränkungen schildern die Koordinatorinnen der Amb­u­lanten Hospizdienste: Viele ihrer ehrenamtlich Tätigen konnten schwer kranke und sterbende Menschen nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr begleiten. Berichtet wurde beispielsweise von Pflegeeinrichtungen, die jede Form von persön­lichem Kontakt sowohl für Ehrenamtliche als auch für Angehörige mit dem Besuchs­verbot begründet haben.  

Das hätte so jedoch nicht sein müssen: Im Thüringer Erlass über infektions­schüt­zende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS CoV-2 stand bereits in der ersten Fassung, dass Besuche in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern in begründeten Ausnahmefällen möglich bleiben. 

Isolation am Lebensende ist unwürdig

Wie also soll dieses Wissen künftig dahin transportiert werden, wo es gebraucht wird? Wie vermittelt man Einrichtungen das notwendige Fingerspitzengefühl für eine gute Balance von Schutz und Begegnung? Das waren nur einige der Fragen, die am Runden Tisch intensiv diskutiert wurden.

„Es gibt noch viel zu lernen aus dieser Zeit, die ja keineswegs zu Ende ist“, sagt Ilka Jope, Geschäftsführerin des Thüringer Hospiz- und Palliativverbands. „Die Teilneh­menden sind sich einig, dass erzwungene Vereinsamung und Isolation, besonders am Lebensende, unwürdig und zerstörerisch sind.“ So viel Schutz wie nötig, so viel Begleitung wie möglich: Diesem Ziel sollten sich alle Institu­tionen, die an der Ver­sorgung schwer kranker und sterbender Menschen beteiligt sind, verpflichten.

Wege für Entscheidungen sind kürzer

Zwei Mal jährlich treffen sich die Teilnehmenden am Runden Tisch im Augustiner­kloster Erfurt. Seit fünfzehn Jahren gibt es dieses informelle Gremium unter dem Dach des THPV und der DGP. Dazu kam vor sechs Jahren ein zweites Gremium: der Runde Tisch für Kinderhospizarbeit und Pädiatrische Palliativversorgung Thüringen, der die spezifischen Belange der Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Blick hat. 

An beiden Runden Tischen besprechen Vertreterinnen und Vertreter aus Praxis, Fachverbänden, Krankenkassen und Politik aktuelle Entwicklungen in der Zusam­menarbeit, fachliche sowie grundlegende gesellschaftliche Themen.

„Die Treffen und der kollegiale Austausch haben das gegenseitige Verständnis und die fachliche Vernetzung deutlich vertieft“, sagt Ilka Jope. „Dadurch, dass die Men­schen aus den beteiligten Institutionen sich per­sönlich kennen und offen mit­einan­der umgehen, werden Wege für Entscheidungen kürzer – und davon profi­tieren un­mittelbar die Patientinnen und Patienten.“

So besprechen die Teilnehmenden an den Runden Tischen, auch anhand praktischer Fallbeispiele, Lösungen für bürokratische und fachliche Hürden. Ilka Jope: „Weil alle Institutionen ihre jeweilige Perspektive einbringen, entsteht eine gute Situation, um allgemeine und auch konkrete Herausforderungen anzugehen und Alternativen zu entwickeln.“

Im Sterben nicht alleine sein

Die Geschäftsführerin des THPV ist zuversichtlich, dass die Probleme im Zuge der Corona-Krise durch die Kooperation am Runden Tisch besser bewältigt werden kön­nen. Das Anliegen des Verbandes jedenfalls ist in diesen Zeiten, in denen gesell­schaftliche und persönliche Unsicherheiten noch sichtbarer werden, umso wich­tiger: Jeder Mensch soll sich darauf verlassen können, in seinem Sterben nicht alleine zu sein. Sondern, so gut es geht, auch in krisenhaften Zeiten selbstbestimmt zu sterben: in der eigenen Umgebung, im eigenen Zeitmaß, mit zugewandten Men­schen an der Seite.


Der THPV

ist der Dachverband für die Hospiz- und Palliativarbeit in Thüringen. Er hat derzeit 50 Mit­glieder, darunter alle ambulanten Hospizdienste, alle stationären Hospize für Erwachsene, mehrere Palliativstationen und Spezialisierte Ambulante Palliative Versorgungsteams. Zu den Aufgaben des Verbandes zählt es unter anderem, Hospizbewegung und Palliativversorgung in ganz Thüringen bekannt zu machen, das Netzwerk der zahlreichen Hilfsangebote auszubauen und die Interessen der Mitglieder auf Landes- und Bundesebene zu vertreten. Die Akademie des THPV qualifiziert die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter, die in der Hospiz- und Palliativversorgung tätig sind.

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