Hospiz – Heimat für alle

Der Welthospiztag findet jährlich am zweiten Samstag im Oktober statt. Er wird von der Worldwide Hospice and Palliative Care Alliance (WHPCA) als Netzwerk von nationalen Hospiz- und Palliative Care Organisationen und weiteren Partnern veranstaltet und durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt.
Lesen Sie hier eine Stellungnahme des Thüringer Hospiz- und Palliativverbands zum diesjährigen Welthospiztag:
„Würde ist weder beliebig noch verhandelbar; sie ist Ausdruck des Lebens selbst. Und dennoch, am Lebensende kann sich die Vulnerabilität der menschlichen Würde in besonderer Weise zeigen. Sterbende können von großer Not und Einsamkeit betroffen sein. Würde bedeutet dann: uns im Bewusstsein unserer eigenen Verwundbarkeit vom Leid des Mitmenschen berühren zu lassen, mitfühlend zuzuhören, absichtslos zu begleiten.
Die Hospizbewegung ist aus dem Wunsch nach einer sorgenden Gesellschaft entstanden – einer Gesellschaft, die sensibel ist gegenüber Vorurteilen und ausgrenzende Tendenzen erkennt und benennt.
In diesem Selbstverständnis heißt es in Leitsatz 1 der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland: Jeder Mensch hat ein Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingungen. Er muss darauf vertrauen können, dass er in seiner letzten Lebensphase mit seinen Vorstellungen, Wünschen und Werten respektiert wird und dass Entscheidungen unter Achtung seines Willens getroffen werden.
Ein klares Zeichen für Offenheit
Diese Haltung wird durch unser Grundgesetz getragen: niemand darf aufgrund von persönlichen Merkmalen benachteiligt werden – gleich welcher Herkunft, Weltanschauung, geschlechtlichen Identität oder Lebensform. Wir erleben, dass diese Welt zunehmend in Not gerät und immer schwerer zu verstehen ist. In solchen Zeiten wächst die Versuchung, sich einfachen, einseitigen Antworten hinzugeben. Hier setzt die Hospizbewegung ein klares Zeichen für die Offenheit gegenüber den unterschiedlichen Bedürfnissen am Lebensende.
Diese sind bestimmt durch die persönliche Geschichte des sterbenden Menschen und geprägt vor dem Hintergrund aller Dimensionen von Vielfalt wie soziale Herkunft, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung, körperliche wie geistige Fähigkeiten, Alter, Geschlecht beziehungsweise geschlechtliche Identität, Migrationsgeschichte und Nationalität. Sie ermutigt dazu, Widersprüche sowie Ungewissheit auszuhalten und sich in Toleranz zu üben – im Vertrauen auf Entwicklung und haltgebende Mitmenschlichkeit.
In dieser Haltung liegt eine grundlegende Kompetenz im Umgang mit Vielfalt. Vielfalt bedeutet nicht nur Unterschiede zu sehen, sondern sie diversitätsfreundlich anzuerkennen, mitzutragen und als Bereicherung aktiv zu integrieren.
Der Ursprung des lateinischen Wortes Hospitium im Sinne einer Herberge weist auf diesen Kern hospizlicher Begleitung hin: ein Ort der Gastfreundschaft für Menschen auf Reisen. In diesem Sinne verstehen wir Hospizarbeit auch heute: als einen Raum der Zugehörigkeit, des Respekts und der Menschlichkeit – ganz im Geiste des diesjährigen Welthospiztages: als Heimat für alle.“